Steine der Weisheit
In China und Japan gelten manche Steine als Kultobjekte - ohne für etwas Bestimmtes zu stehen. Sie werden abstrakte Steine oder Gelehrtensteine genannt und dienen dem Betrachter zur Meditation über die Vergänglichkeit.
Markante Steine
Eine spezielle Kategorie sind die chinesischen Gongshi bzw. japanischen Suisekl. lm Sinne des Zen-Buddhismus gelten sie als Objekte der reinen Gegenwärtigkelt und haben eine philosophisch-meditative Funktion..
Die grösseren dieser Gongshi - in der Regel karstige Kalksteine - wurden in Gärten platziert. Heute gibt es vor allem drei Typen von Gongshi, die je einer Region zuzuordnen sind: Lingbi-Steine (Provinz Anhui), Taihu-Steine (Provinz Jiangsu), Yingde-Steine (Provinz Guangdong). Kennern zufolge kann man anhand von vier Parametern - Mi Fu soll sie definiert haben - die Qualität eines Gongshi bestimmen: shou (vertikale Ausrichtung), tou (Löcher), lou (KanäLe und Kluften), zhou, (feine Runzeln).
Die Schönheit dieser Steine wurde von Dichtern und Gelehrten gepriesen, die vorwiegend in ihren grotesken Verformungen bestand.
Das hässliche Schöne
Dass in Japan bizarr-groteske Formen derart gepriesen werden, steht in engem Zusammenhang mit einer ästhetischen Vorliebe, die "wabi-sabi" genannt wird. Wabi bedeutet einsam, oder getrennt von der Gesellschafto, sabi bedeutet verwelkt oder auch gereift. Wabi-sabi bezeichnet also eher etwas Negatives. Doch dieses Negative ist innerhalb des japanischen Zen-Buddhismus indirekt von positivem Wert, den es weist dem Betrachter und Meditierenden den richtigen Weg.
Heute nennt man die Steine im Westen oft Gelehrtensteine. Eher sollte man sie "Geist-Steine" (spirit stones) nennen. Für den schweizerisch-britische Philosoph Alain de Botton sind sie der Beweis dafür, dass Weisheit auch im Anblick der Natur, und nicht nur in der Lektüre von klugen Büchern, erlangt werden kann.